1. COVID-19 Maßnahmengesetz verfassungswidrig?
Information für Unternehmer/Unternehmen: COVID-19-Maßnahmengesetz vs. Epidemiegesetz
Ist Ihr Unternehmen von einer Betriebsschließung in Folge COVID-19 betroffen?
§ 32 Epidemiegesetz sieht vor, dass für Unternehmer/Unternehmen im Falle einer durch eine Epidemie bedingten Betriebsschließung für die Dauer der Schließung ein Anspruch auf Vergütung des damit einhergehenden Verdienstentganges besteht. Von der Vergütung erfasst wird auch der Dienstgeberanteil an der gesetzlichen Sozialversicherung für Ihre Arbeit-/Dienstnehmer. So weit, so gut.
Der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges ist – bei sonstigem Verlust (!) – binnen sechs Wochen nach Aufhebung der beschränkenden Maßnahmen für Ihr Unternehmen bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde geltend zu machen.
Der österreichische Gesetzgeber hat mit dem Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (kurz: COVID-19-Maßnahmengesetz) in den Bestimmungen zum Inkrafttreten die einschlägigen Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 zur Vergütung des Verdienstentganges – überraschend – ausgehebelt. Dies hat zur Folge, dass kein Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges nach dem Epidemiegesetz besteht und die Unternehmen an den neu geschaffenen Härtefallfonds verwiesen sind, der den tatsächlichen Verdienstentgang nicht abzudecken vermag.
Aus juristischer Sicht ist die gegenständliche Anlassgesetzgebung mehr als fragwürdig und erschüttert das Vertrauen auf die seit Jahrzehnten bestehenden Rechtsvorschriften und daraus resultierenden Ansprüchen.
Die Frage der Zulässigkeit der Gesetzesänderung wird im Instanzenzug bis zum Verfassungsgerichtshof zu klären sein. Nachdem jedoch die Verfahrensdauer die lediglich sechswöchige Frist zur Geltendmachung übersteigen wird, kann mit der Anmeldung Ihrer Ansprüche bis zur Klärung der Rechtslage nicht zugewartet werden. Aus anwaltlicher Vorsicht empfehlen wir trotz der erfolgten Aushebelung der Ansprüche nach dem Epidemiegesetz die fristgerechte Anmeldung Ihrer Ansprüche nach dem Epidemiegesetz an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (= Magistrat oder Bezirkshauptmannschaften).
Gerne stehen wir Ihnen für Fragen sowie bei der Geltendmachung Ihrer Ansprüche zur Verfügung.
Nachstehend finden Sie die relevanten Gesetzesbestimmungen:
§ 32 Epidemiegesetz lautet wie folgt:
Vergütung für den Verdienstentgang.
§ 32
(1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit
1.sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind, oder
2. ihnen die Abgabe von Lebensmitteln gemäß § 11 untersagt worden ist, oder
3. ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß § 17 untersagt worden ist, oder
4. sie in einem gemäß § 20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder
5. sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder
6. sie in Wohnungen oder Gebäuden wohnen, deren Räumung gemäß § 22 angeordnet worden ist, oder
7. sie in einer Ortschaft wohnen oder berufstätig sind, über welche Verkehrsbeschränkungen gemäß § 24 verhängt worden sind,
und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.
(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.
(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, ist vom Bund zu ersetzen.
(4) Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.
(5) Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen.
Frist zur Geltendmachung des Anspruches auf Entschädigung oder Vergütung des Verdienstentganges.
§ 33.
Der Anspruch auf Entschädigung gemäß § 29 ist binnen sechs Wochen nach erfolgter Desinfektion oder Rückstellung des Gegenstandes oder nach Verständigung von der erfolgten Vernichtung, der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, geltend zu machen, widrigenfalls der Anspruch erlischt.
§ 4. COVID-19-Maßnahmengesetz
(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.
(2) (2) Hat der Bundesminister gemäß § 1 eine Verordnung erlassen, gelangen die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186/1950, betreffend die Schließung von Betriebsstätten im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung nicht zur Anwendung.
(1a) Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 16/2020 tritt rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft.
(3) Die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 bleiben unberührt.
(4) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können vor seinem Inkrafttreten erlassen werden, dürfen jedoch nicht vor diesem in Kraft treten.
Mag. Alain Danner, Mag. Thomas Reisch, Mag. Marcus Marakovics